"Geiz ist geil" hilft nicht weiter
Wir begrüßen ausdrücklich die Ökumenische Sozialinitiative der katholischen und evangelischen Kirche. Sie kommt zur rechten Zeit. Das Sozialwort geht auf die drängenden Probleme unserer Zeit ein und legt die Finger auf die zahlreichen Wunden unserer Gesellschaft.
So wird zu Recht betont, dass wirtschaftliche Aktivitäten, das heißt unternehmerisches Handeln aber auch Transaktionen auf den Finanzmärkten keinen Selbstzweck darstellen, sondern die menschliche Entwicklung insgesamt befördern muss. Deshalb unterstützt auch der KKV schon seit langem, eine ordnungspolitische Erneuerung und damit eine neue Verantwortungs-kultur. Das gilt sowohl für Unternehmen – hier muss künftig das Haftungsprinzip stärker zum Zuge kommen – aber auch für den Verbraucher. Mit einer 'Geiz-ist-geil-Mentalität' kann man im Einzelfall mal ein Schnäppchen machen, langfristig schadet man aber einer am Menschen orientierten Wirtschaft. Nur wenn der Mensch im Mittelpunkt steht und Werte wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit und Maß Leitschnur für das Handeln in Politik und Gesellschaft seien, kann es eine auf Nachhaltigkeit basierende Wirtschafts- und Sozialordnung geben. Der 'ehrbare Kaufmann' muss nicht nur in aller Munde sein, sondern er muss vor allem praktiziert werden – auch vom Staat.
Sozial ist, was den Einzelnen zur Eigeninitiative ermutigt
Im Übrigen begrüßen wir ausdrücklich die Forderung, dass der Beitrag der Familien, die Erziehungs- und Pflegeleistungen erbringen, stärker in den Sozialversicherungssystemen berücksichtigt werden müsse. Das müsse dann im Umkehrschluss dazu führen, dass kinderlose Paare stärker zur Finanzierung dieser Systeme herangezogen würden. Wenn es richtig ist, wie Prof. Dr. Klaus Meyer zu Uptrup kürzlich feststellte, dass seit rund 40 Jahren ein Drittel der Bevölkerung kinderlos lebt, dann wird damit ein ausgewogenes Generationenverhältnis zerstört und dann kann unser auf dem Umlagesystem basierendes Rentensystem auf Dauer nicht funktionieren. So wie Forschung und Entwicklung in Unternehmen als unerlässliche Investitionen gelten, die finanziert werden müssen, so ist Familienarbeit – und insbesondere Kindererziehung – auch eine Investition in die Zukunft, ohne die ein Staat und eine Gesellschaft auf Dauer nicht existieren kann.
Darüber hinaus hätten wir uns in dem Papier eine stärkere Akzentuierung des Subsidiaritätsprinzips gewünscht. Wenn es beispielsweise unter dem Stichwort „Inklusion und Partizipation“ heißt, dass die Solidargemeinschaft erwarten könne, „dass der Hilfeempfänger im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten aktiv an der Verbesserung seiner Lage mitwirkt“, ist das zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Besser ist es aber, wenn auch im Sozialbereich der Grundsatz stärker gilt: Sozial ist, was den Einzelnen zur Eigeninitiative ermutigt und zur Eigenständigkeit befähigt. In der Sozialpolitik muss deshalb alles dran gesetzt werden, dass jedem die Chance auf selbstgeschaffenen Wohlstand gegeben werde, aber eben nicht durch Ansprüche an den Staat. So wenig wie man Kindern hilft, wenn man sie verwöhnt, so wenig hilft ein Sozialstaat, wenn er nur finanziell unter die Arme greift. Deshalb muss eine Sozialpolitik vor allem dazu beitragen, dass Menschen wieder in die Lage versetzt werden, für sich selbst zu sorgen. Dies trägt letztlich auch zum Selbstwertgefühl eines Menschen bei.
Kommentare
Den Mensch auf die Beine stellen
Hallo Herr Wehner,
es ist gut gemeint, dass Sie und Ihr Bundesverein und Ihre katholischen Ortsvereine dabei helfen wollen, dass Menschen wieder auf ihre eigenen Beine kommen, und dass Menschen wieder Eigeninitiative ergreifen.
Wie der Begriff "Eigeninitiative" bereits aussagt, wird die Bereitschaft des Einzelnen, die Initiative zu einer Handlung SELBST zu ergreifen, wenn diese Handlung seinen EIGENEN Zielen und Interessen dient bzw. zur Lösung eines individuellen Problems beiträgt, bezeichnet. Die dazu zugehörige Handlung bezeichnet man als Eigeninitiative.
Als Initiative (von lat. initium, ‚Anfang‘) wird der Anstoß zu einer Handlung oder den ersten Schritt zu ebendieser Handlung bezeichnet. Ich bin der Meinung, dass nicht SIE und Ihr katholischer Verband diesen ersten Schritt für eine Person tun können.
Es reicht völlig aus, wenn beispielsweise eine staatliche Stelle, wie das Jobcenter beispielsweise, viele Möglichkeiten anbietet. Jedoch: Ohne Angebot - Kein erster Schritt! Weil aus "eigenem Antrieb" oft wenig passiert, oft fehlt sogar der Unternehmungsgeist die eigenen Eltern mal kurz anzurufen, sind staatliche Stellen berechtigt "Sanktionen" zu verhängen.
Aber: Wenn keine Wege angeboten werden, kann der Mensch auch keinen ersten Schritt wagen.
Warum sagen Sie nicht einfach, dass SIE einen Weg kennen?
Ich glaube, zunächst muss man mal Mitglied in ihrem katholischen Verein werden und eine Einzugsermächtigung für den Mitgliedsbeitrag ausstellen.
Wenn ich Ihre Bildungsangebote anschaue, beispielsweise: Frühjahrsreise nach Korfu und Herbstreise nach Budapest, dann kann ich mir gut vorstellen, wo Ihre Wege hingehen.
Budapest - das Gateway zum östlichen Europa - dort die Wirtschaft ankurbeln oder was genau haben Sie mit den Menschen geplant, denen Sie auf die Sprünge helfen wollen?