Zwischen Konsensorientierung und prophetischem Reden: Die Wirksamkeit der Kirchen und ihrer Sozialverkündigung in der Gesellschaft
1. These: Die Sozialinitiative und ihre Vorgänger
Die Sozialinitiative verortet sich in der Tradition des Wirtschafts- und Sozialwortes aus dem Jahr 1997, beerbt es aber nicht.
Auch wenn die Sozialinitiative am Wirtschafts- und Sozialwort aus dem Jahr 1997 anschließt, beerbt es deren markantes Profil nicht: Das 1997er Sozialwort hatte ein eigenständiges kontextuell-örtliches, ökumenisches und konsultatives Profil.
Kontextuell-örtliches Profil
Das kontextuell-örtliche Profil resultierte aus einem sehr konkreten unmittelbaren gesellschaftlichen Problemdruck, der sich politisch und gesellschaftlich dann in einem Regierungswechsel zu Rot-Grün ausdrückte. Diese gesellschaftliche Stimmungslage für einen Politikwechsel existiert gegenwärtig nicht oder kaum. Auch wenn die Sozialinitiative auf die normative Dringlichkeit einer ökologisch-sozialen Transformation verweist, fehlt ihr ein entsprechender gesellschaftlicher Resonanzboden.
Ökumenisches Profil
Das 1997er Sozialwort kann als kurzgefasste ökumenische Sozialethik gelten. Konfessionspezifische Identitätsmerkmale schienen überholt zu sein. Doch seitdem haben sich eher wieder konfessionspolitisch Konturen herausgebildet. Manche sprechen von einem „ökumenischen Winter“, andere betonen eine Ökumene der Profile. So gab es auch manche getrennte Wege in ganz kurzem zeitlichen Abstand im Jahr 2009: evangelischerseits mit dem beachtlichen Wort zur Finanzkrise „Wie ein Riss in einer hohen Mauer“, und fast zeitgleich katholischerseits mit der Stellungnahme der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen „Auf dem Weg aus der Krise“.
Konsultatives Profil
Auch das dritte Profil, das konsultative Profil des 97er Sozialwortes, lässt sich in der Sozialinitiative kaum mehr wiedererkennen. Die Beratung oder Konsultation war nur auf nur wenige Monate begrenzt, beschränkte sich auf das Kommunikationsmedium einer Internetplattform und offen blieb auch das Ziel. Das 97er Sozialwort konnte an vergleichbare Konsultationen in der Ökumene zurückgreifen. Auch in den folgenden Jahren wählten Kirchen in der Ökumene vielfach den Weg, über breit angelegte Konsultationen sich über soziale und ökonomische Fragen zu verständigen: Das Österreichische Sozialwort von 1990, der Reformierte Bund in Deutschland hat auf seiner Hauptversammlung 1996 zu einem Anti-Mammon-Programm aufgerufen.
Konsultationsprozesse der Kirchen gab es in den USA, in Kanada, in Österreich, Frankreich und Großbritannien und der Schweiz, sind Teil einer weltweiten Widerstandsbewegung gegen den Neoliberalismus. Die reformierten Kirche haben in Kanada im Jahr 2000 eine Konsultation unter dem Titel „God and the Market“ durchgeführt. Wenn die zahlreichen Initiativen des Ökumenischen Rates der Kirchen hinzugezählt werden, ist es durchaus angemessen, davon zu sprechen, dass die Kirchen sich weltweit gegen einen marktradikalen Neoliberalismus positionieren. In Busan hat die Vollversammlung des Ökumenisches Rates der Kirchen mit dem Aufruf zu einer „Ökonomie des Lebens“ zu einem siebenjährigen Pilgerweg zu Gerechtigkeit und Frieden aufgerufen, bei sich die Kirchen gegenseitig beraten sollen. Fast zeitgleich gab es in Österreich ein wirkliches Ökumenisches Sozialwort, an dem alle Kirchen Österreichs beteiligt waren und ein einjähriger Re- zeptions- und Diskussionsprozess mit Foren und Lesezirkeln wurde organisiert.
Die deutsche Sozialinitiative gibt nur ein Konsultationsverfahren vor, ist es aber im Kern nicht. Es war ein offensichtlicher Fehlschlag, allein auf das Medium Internet und in einer solch kurzen Zeit zu setzen. Das hatte auch Folgen für die Themen. Denn gerade das konsultative Verfahren hatte sich auch inhaltlich als höchst produktiv erwiesen und zur Profilschärfung geführt, indem Themen eingebracht, welche zuvor zumindest so nicht vorgesehen war, wie das Thema Kirche als Arbeitgeber.
2. These: Irritation durch die weltweite Ökumene
Die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan und das Papstwort „Evangelii Gaudium“ trafen auf eine kirchliche Diskussionslagen in Deutschland, die nur wenig darauf vorbereitet war.
Irritation kommt aus der weltkirchlichen Ökumene. Nur wenige Wochen nach der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan im November 2013 hatte Papst Franziskus mit seinem Wort „Evangelii Gaudium“ ungeheure mediale Resonanz erhalten. Interessanterweise, aber kaum registriert, gibt es auffallende Übereinstimmungen mit den Positionen, die sich der ÖRK in Busan zu Eigen gemacht hatte. Es gibt eine breite ökumenische Übereinstimmung in einer klaren Kritik eines destruktiven Kapitalismus, den der Papst so beurteilt. „Diese Wirtschaft tötet.“ Nicht anders der ÖRK in Busan: „„Unsere ganze derzeitige Realität ist so voll von Tod und Zerstörung, das wir keine nennenswerte Zukunft haben werden, wenn das vorherrschende Entwicklungsmodell nicht radikal umgewandelt wird und Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zur treibenden Kraft für die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Erde werden.“ Beide Verlautbarungen stimmen darin überein, dass das global herrschende Wirtschaftssystem systemisch „von der Wurzel her ungerecht“ (EG 53) ist, so Evangelium Gaudium, und ein „ungerechtes System“, so der Aufruf für eine Ökonomie des Lebens. Evangelii Gaudium nennt es ein naives Vertrauen, dass ein von einem „vom freien Markt begünstigte Wirtschaftswachstum von sich aus eine größere Gleichheit und soziale Einbindung in der Welt hervorzurufen vermag.“ (EG 54) Busan kritisiert einen „einseitigen Glauben, dass sich aus dem Wirtschaftswachstum (BIP) automatisch ein gesellschaftlicher Nutzen ergibt.“ Beide Verlautbarungen kritisieren nicht nur übereinstimmend sehr präzise das auf Wirtschaftswachstum und ein auf die Effizienz des Marktes ausgerichtetes Wirtschaftsmodel; sie nennen es auch eine entscheidende Ursache der Probleme. In seiner Ansprache vor den Vertretern soziale Bewegungen hat Papst Franziskus im Herbst 2014 auf eine Änderung des Wirtschafssystems gedrungen: „Das Wirtschaftssystem, das sich um den Götzen Geld dreht, muss auch die Natur plündern, die Natur ausplündern, um die Hektik des Konsums aufrecht erhalten zu können, von dem es lebt. … Wir müssen es ändern. Wir müssen die Würde des Menschen wieder ins Zentrum rücken und dann auf diesem Grund alternative gesellschaftliche Strukturen errichten, die wir brauchen.“ Auch in Busan wurde klar festgestellt: „Daher bemühen wir uns um die Überwindung des Kapitalismus.“
Völlig fremd gegenüber den bei uns herrschenden sozial- und wirtschaftsethischen Diskursen stimmen der Papst und die Ökumene in Busan darin überein, einen marktradikalen Kapitalismus, der die Durchsetzung seiner Gesetze auch gegenüber den Lebensinteressen der Menschen erzwingt, mit theologischen Begriffen einen „Götzendienst des Geldes“ zu nennen. Der Papst nennt ihn die „erbarmungslose Form eines im Fetischismus des Geldes und die Diktatur einer Wirtschaft ohne ein wirklich menschliches Ziel. “(EG 55). Der Lutherische Weltbund, die Weltversammlung in Accra und das Missionsdokument von Busan haben wie der Papst auch einmütig, den neoliberalen finanzmarktgetriebenen Kapitalismus in der Tradition der biblischen Kritik des Mammon theologisch als Götzendienst verurteilt. – Diese theologische Urteil sozio-ökonomischer Verhältnisse, denen sich die Mehrheit der Menschen und auch
viele Christen wie einem unabwendbaren Schicksal ausgeliefert sehen, ist den Kirchen in Deutschland fremd. Haben sie überhaupt eine theologische und nicht nur ethische Sprache angesichts solcher sozioökonomischer Verhältnisse?
Die Stimmen aus der Ökumene und aus Rom hören die „Schreie der Armen“, benennen deren Nöte und qualifizieren sie theologisch, um zu einer eindeutigen Nachfolgepraxis zu ermutigen. Die Sozialinitiative aus Deutschland jedenfalls ist theologisch sehr dürftig. Sie verwendet gerade einmal vier Standard-Bibelsätze, die zum biblischen Allerweltsgemeingut gehören. Die wenigen Bibelzitate dienen lediglich dazu, um überhaupt als ein Kirchenpapier wahrgenommen zu werden, fügen aber dem Orientierungstext argumentativ nichts hinzu. Sie garnieren ihn lediglich moralisch. Sie spielen aber für den weiteren Gang der Argumentation der Sozialinitiative keine erkennbare Rolle mehr. Ein solcher Schriftstellengebrauch ist hermeneutisch höchst problematisch. Denn er instrumentalisiert die biblische Tradition zur Absicherung eigener Interessen, ohne sie in ihrer eigenen Aussageabsicht zu würdigen.
Die kirchliche Zurückhaltung im Bibelbezug bei wirtschaftsethischen Stellungnahmen ist bezeichnend. Während die kirchlichen Stellungnahmen regelmäßig betonen, dass bei wirtschaftsethischen Themen ein biblisches Argumentieren nicht sachgemäß sein könne, denn ein „garstiger Graben“ trenne die Zeiten der Bibel vom modernen Kapitalismus, besteht diese Zurückhaltung bei sexual- und familienethischen Aussagen nicht. Die Kirchen lesen vermeintlich klare sexual- und familienethische Aussagen in der biblischen Tradition und scheuen sich bei wirtschaftsethisch relevanten Themen auf biblische Normen zu beziehen, obwohl diese in der biblischen Tradition weitaus gewichtiger sind.
3. These: Öffentliche Theologie ist zweisprachig: biblisch und an den Dis-
kursen der Gesellschaft orientiert
Das Apostolische Schreiben „Evangelii Gaudium“ hat eine schon lange nicht mehr gekannte öffentliche Aufmerksamkeit erhalten. Demgegenüber gab es so gut wie keine öffentlich relevante Rezeption der Sozialinitiative der Kirchen. Deshalb ist zu fragen: Wie kann ein kirchliches Wort Aufmerksamkeit gewinnen?
Die Kirchen in Deutschland verweisen zu Recht auf die Ursprünge des Ordnungsmodells der Soziale Marktwirtschaft in der christlichen Ethik. Die Verbindung von „Sozial“ mit Marktwirtschaft, die das Soziale mit dem Ökumenischen verbindet, wirkt inspirierend. Nur helfen Lehrbuchweisheiten gegen das Unbehagen so vieler Menschen gegen eine Marktwirtschaft, die sich sozial nennt, der aber das Soziale immer mehr abhandengekommen ist. Dier Appell an die Soziale Marktwirtschaft erweckt den Anschein, als sei ein grüner und sozialer Kapitalismus wirklich möglich. Es wird überhaupt nicht klar, ob die Kirchen die gegenwärtige Wirtschaftspolitik als Ausdruck einer Sozialen Marktwirtschaft begreifen oder von einem abstrakten Model einer Sozialen Marktwirtschaft sprechen.
Die Ökonomie versteht wie der Papst auch Wirtschaften als sorgfältige Haushalterschaft. Papst Franziskus: „Die Wirtschaft müsste, wie das griechische Wort oikonomía – Ökonomie – sagt, die Kunst sein, eine angemessene Verwaltung des gemeinsamen Hauses zu erreichen, und dieses Haus ist die ganze Welt“ (EG 206). Die Ökumene hatte bereits seit den siebziger Jahren den Streit um Modelle aufgegeben und Kriterien formuliert, die durchbuchstabieren, was sorgfältige Haushalterschaft heute verlangt: Gerechtigkeit, Partizipation, Nachhaltigkeit, Bedürfnisbefriedigung, Universalisierbarkeit, Frieden etc. Die Lage der am meisten gefährdeten und verletzbaren Gruppen der Gesellschaft ist nach diesen Kriterien der Basistest für die Gerechtigkeit eines ökonomischen Systems und nicht eine abstrakte ökonomische Modellkonstruktion. An ihrer Situation und ihren Partizipationsmöglichkeiten entscheidet sich, ob eine Gesellschaft bereit ist, die Spannung zwischen Gerechtigkeit und individueller Freiheit auf eine für alle ihr Glieder konsensfähige Weise auszubalancieren.
Die Idee einer Wirtschaft des Lebens ist eine Zielsetzung, die nach den lebensweltlichen Kriterien und nicht abstrakten Ordnungsmodellen fragt. Diese lebensweltliche Orientierung war jedenfalls noch in den frühen 50er Jahren in der Auseinandersetzung um das Ordnungsmodell der Sozialen Marktwirtschaft präsent. Für Oswald von Nell-Breuning verdient eine Wirtschaft nur dann das Attribut „sozial befriedigend”, wenn sie so geordnet ist, dass jeder Mensch Subjekt des Sozialprozesses ist und keiner bloßes Objekt; Arbeitsfähige und Arbeitswillige Arbeit finden, der Mensch seiner Menschenwürde gemäß im Produktionsprozess eingesetzt wird und alle, die am Zustandekommen der Produktionsergebnissen beteiligt gewesen sind, auch am Ertrag beteiligt werden. Dazu brauche es nach Nell-Breuning einer „spezifischen Lenkung der Wirtschaft durch eine entsprechende Wirtschaftspolitik“.
Von der weltweiten Ökumene könnte eine neue Aufmerksamkeit für die normativen Aspekte der biblisch-prophetischen Überlieferung gelernt werden. Der Argumentationsgang wie in der EKD- Schrift „Wie ein Riss in der Mauer“ wäre es wert, wieder aufgenommen zu werden. Sie argumentiert erkennbar als ein kirchliches Wort, wenn sie ein Prophetenwort von Jesaja wie einen Resonanzboden versteht, für ein Argumentation, die erkennbar kirchlich ist.
„Öffentliche Theologie“ (Bedford Strohm) ist „zweisprachig“: Neben einem klaren theologischen Profil, das sie in biblisch-theologischer Sprache zum Ausdruck bringt, ist sie auch versiert in der Sprache der säkularen Welt. Dass Gott sich den Schwachen in besonderer Weise zuwendet, gehört zur Urerfahrung der christlich-jüdischen Tradition. Doch genau hier zeigt sich der tiefe Dissens zwischen den Kirchen in Deutschland einerseits und den Einsichten der weltweiten Ökumene anderseits: Die Kirchen der Ökumene und der Papst wollen keine bessere Wirtschaftstheorie ausarbeiten; die Kirchen in Deutschland argumentieren lehrbuchhaft mit der Empfehlung der Sozialen Marktwirtschaft und vergessen dabei die lebensweltliche Perspektive. Besondern aus der Sicht der Perspektive der Ausgeschlossenen und arm Gemachten. Es geht um eine menschenfreundliche und lebensdienliche Lebens- und Wirtschaftsweise, die empfindlich ist gegenüber den Schwachen.
Die Empfehlung an alle Länder eine ökologisch erweiterte Soziale Marktwirtschaft zu übernehmen, dann werde der Kapitalismus von Raubtier zu einem Nutztier, unterschützt die Dynamik. Auch wenn die Marktwirtschaft die Krise in Deutschland recht gut überstanden hat und weithin sozialer Friede herrscht, ist die Soziale Marktwirtschaft deutscher Prägung nicht die Rettung: Es bröckelt, es zeigen sich „Risse in der hohen Mauer“. Eine Ausdehnung der Sozialen Marktwirtschaft reicht nicht, um die Globalisierung zu bändigen und die zerstörerischen Kräfte zu kanalisieren.
Der Papst und der Ökumenische Rat der Kirchen stellen Grundsatzfragen, die sich im deutschen Papier der Sozialinitiative so nicht finde. Man geht nicht an die Ränder Gesellschaft, bleibt in der Mitte, wo es nicht wehtut und übersieht dabei, welches Unbehagen sich angestaut hat. Von der Ökumene und vom Papst könnten die Kirchen in Deutschland lernen, nicht ökonomische Lehrbuchweisheiten oder ökonomische Ordnungsvorstellungen zu verbreiten, sondern von den Rändern des Systems her, von den arbeitslos und arm Gemachten, den Hartz IV Empfängern, der arbeitslosen Alleinerziehenden und Leidtragenden her, die es auch in unserem Land gibt, Fragen zu stellen, die andere Teilnehmer am gesellschaftlichen Diskurs nicht oder nicht so stellen.
Der Konsultationsprozess des 97er Sozialwortes hatte gezeigt, dass durch Beteiligungsprozesse neue und andere Themen auf die Agenda kommen. Das zeigt auch das Beispiel des Sozialwortes im benachbarten Österreich, wo fast zeitgleich mit der deutschen Sozialinitiative nicht nur ein Sozialwort zur Diskussion gebracht wurde, sondern auch sehr detailliert über ein Jahr hinweg ein Diskussionsprozess mit Leserkreisen und Dialogveranstaltungen organisiert wurde. Folgende Themen wurden auf der letzten Dialogveranstaltung in Dezember letzten Jahres nach vorn gebracht:
- Der Vorschlag mit der größten Zustimmung war das Bedingungslose Grundeinkommen mit Forderungen nach einem erweiterten Arbeitsverständnis,
- gefolgt von der Forderung nach Ansätzen einer alternativen Geld- und Finanzwirtschaft und einer solidarischen Ökonomie und
- auf dem dritten Platz die Forderung nach einer neuen gerechten Verteilung von Arbeit und Arbeitszeitverkürzung.
Allesamt Vorschläge, die man in der deutschen Sozialinitiative vergebens sucht.
Offensichtlich hängt es ganz entscheidend davon ab, dass man die Menschen mit ihren Fragen und Vorschlägen zu Wort kommen lässt, damit ein gemeinsames Kirchenwort nicht bloß den gesellschaftlichen Konsens spiegelt, sondern den Horizont für Themen öffnet, wie sie die Menschen bewegen. Dann kann sie öffentliche Kirche mit einer öffentlichen Theologie sein und auch einen unschätzbaren Dienst an der Gesellschaft leisten.
Den Kirchen in Deutschland steht bevor, mit der Ökumene Schritt zu fassen. Der Ökumenische Rat der Kirchen hat die Kirchen der Welt aufgerufen, sich auf einen siebenjährigen Pilgerweg zu Gerechtigkeit und Frieden zu begeben. Sie sollen sich dabei beraten mit anderen Kirchen, Religionen und sozialen Bewegungen. Im Aufruf de ÖRK heißt es: „Wir unternehmen den Pilgerweg in einer Welt, die dringend nach dem Engagement von Christen und allen Menschen guten Willens verlangt. Sei es im Umweltschutz, in der Wirtschaft, der Friedensarbeit oder dem Einsatz für die Menschenwürde, Christinnen und Christen sehen sich auf lokaler wie auf weltweiter Ebene Angriffen auf die Werte des Evangeliums – Gerechtigkeit und Frieden – gegenüber.“ Durch den jüngsten Aufruf der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Busan 2013 ermutigt, fand im Mainz eine ökumenischer Versammlung im Rahmen dieses Pilgerweges statt. Auch die Kirchen in Deutschland sind eingeladen, sich an diesem Pilgerweg zu beteiligen. Es ist dringend notwendig, dass die Kirchen in Deutschland an diesem Pilgerweg teilnehmen und lernen, ökumenisch Schritt zu halten.
Kommentare
Gastbeitrag / Soziale Gerechtigkeit / Dr.Franz Segbers /16.02.15
Der Beitrag von Herrn Dr.Segbers ist eine aufschlussreiche Entwicklungs.-und Problembeschreibung , die auch die allgemeine Erfahrung bestätigt , dass die soziale Ungerechtigkeit zwar in der Sozialinitiative beklagt wird , aber die Kirche eine unabhängige Hauptursachen-Diagnose verweigert bzw. ihre Konsequenz „wirtschaftstauglich auslegt“ .
Im Beitrag ist die Voraussetzung der o.g. 3 Dialogvorschläge : das zinslose Geld-System , das die leistungslose Geldvermehrung als Struktur dieser „Ungerechten Wurzel der tötenden Wirtschaft“ systemisch ausschließt ! D.h. aus der ungerechten Struktur führt nur die Leistungs-Zwang-Struktur für alle zur Sozialen Gerechtigkeit . Anders ist dieser systemische Umverteilungs-Automatismus als endlose soziale Schere u. Verschuldung nicht lösbar , denn Geld verdienen ohne Arbeit geht nur , wenn dafür Andere Mehr-Arbeit leisten ohne Geld zu verdienen ! Diese Tatsache ergibt sich aus der Zinsformel so offenkundig wie malen nach Zahlen als Wirtschafts-Ertrags-Raub , und wird deutlich an den Symptomen Sozialabbau u. öffentlicher Verschuldung bzw. öffentliches Aufgaben-Defizit .
D.h. Ungerechtigkeit lässt sich nur mit Beseitigung ihrer Hauptursache (also durch Paradigmenwechsel) überwinden , aber nicht durch die endlose Symptombekämpfung mit Ungerechtigkeits-Linderungs-Programmen ! Wie bspw. auch Unfall-Schäden nur durch Ursachen-Ausschluss vermeidbar sind , aber nicht durch Schaden-Beihilfe .
Noch schwerer wiegt die Tatsache , dass die Soziale Ungerechtigkeit samt Verschuldung auch die unstrittig wahre Hauptursache aller Kriege ist , wie offensichtlich auch der aktuell wachsenden Gefahr eines dritten Weltkrieges !
Diese „Systemische Hauptursachen-Folgen-Kette“ ist auch den ökumenischen Kirchen mit Sicherheit nicht unbekannt ! Wenn sie also (unter 3.These) „Kriterien formuliert , die durchbuchstabieren , was sogfältige Haushalterschaft heute verlangt : Gerechtigkeit, Partizipation, Nachhaltigkeit, Bedürfnisbefriedigung, Universalisierbarkeit, Frieden etc.“ , hat sie dabei die Ablösung des Schuldgeld-Systems durch das zinslose Geld-System als tragende Grundvoraussetzung der notwendigen Kriterien „beim durchbuchstabieren“ entweder vergessen (oder verschwiegen) ?
So sind alle Menschen guten Willens in der dringenden Mitverantwortung zum Einsatz gegen das immer größer werdende Leid durch Krieg , Armut , Hunger , Krankheit und Raubbau an der Schöpfung !
Soziale Gerechtigkeit beginnt mit aktiver Bereitschaft zu ganzheitlicher Selbstinformation und Unterstützung !